bllogo2

Sprache auswählen

logobnsmall

 

 

 

"Soll ich langsamer spielen?", fragte Rudy Rotta rhetorisch in den Saal. Alle schüttelten den Kopf - zumindest gedanklich. Nein, es sollte weitergehen im Flitzefingertempo. Und der italienische Gitarrist hielt sich daran: Seine Finger rasten weiter geschmackvoll über das Saitenbrett seiner Fender Strat. Spätestens jetzt wusste jeder im Haus der Jugend in Osnabrück, warum das Wort "Killergitarre" stets nicht weit ist, wenn über den 55-Jährigen gesprochen oder geschrieben wird.
Rudy Rotta ist ein filigraner Saitenvirtuose. Doch auf die Gitarre darf er nicht reduziert werden, wie er in den zwei Stunden auf der 12. Osnabrücker Blueslawine bewiesen hat. Es sind die Songs – nicht nur sein Instrument. Der Italiener versteht es, modernen Blues mit traditionellem Country-Blues á la Robert Johnson bruchlos zu verbinden. Er ließ rockige Klänge ebenso in seinen musikalischen Output einfließen wie italienisches Songwriter-tum, Popinfiziertes und Souliges. Das überzeugte. Genauso wie die beiden anderen Bands an diesem Samstagabend: Jim Kahr und Teresa James & The Rhythm Kings.

So ließ Jim Kahr wie erhofft im Haus der Jugend nicht nur eine musikalische Klangfarbe erstrahlen - sondern er variierte den Ton. Bei ihm standen Klassiker wie Marvin Gayes "Inner City Blues" und Fenton Robinsons "As The Years Go Passing By" neben eigenen Kompositionen wie "Hurtin' In The Morning". Für die verbindende Grundfarbe sorgte dabei sein lässiges und abgehangenes Gitarrenspiel. Das machte den rund 500 Zuhörern im gut gefüllten Saal sichtlich Spaß. Einige tanzten. Andere lauschten mit geschlossenen Augen und leicht hin und her wiegendem Oberkörper den Liedern. Sie genossen die Töne. Da bedurfte es gar keiner zusätzlichen Rauschmittel, wie Jim Kahr zwischendrin scherzhaft meinte: The more you drink, the better the music." Die Musik als Droge wirkte auch allein. Denn wohltemperiert, berauschend und perfekt geschüttelt war sein Musik-Mix aus Blues, Boogie, Soul und Folk.

Eine andere Mischung wählte die Pianistin und Sängerin Teresa James mit ihren Rhythm Kings. Die in Kalifornien lebende gebürtige Texanerin rührte in ihr musikalisches Südstaaten-Gebräu ein paar ruhigere Piano-Balladen. "We do a love song - don't worry", warnte die zierliche Musikerin mit rauchiger Stimme dann das Publikum. Aber warum warnen, wenn das Ergebnis nicht zuckersüß, sondern leidenschaftlich ist? Und egal, ob schnell oder langsam, das Markenzeichen der Band ist Teresa James' raues, an Jan James oder Bonnie Raitt erinnerndes Organ. Es stach auch an diesem Abend deutlich hervor. Aber wer einzig darauf den Klangkörper begrenzen will, der irrt. Denn die Rhythm Kings um Bandleader Terry Wilson legten auf der Bühne genauso wie im Studio das tonale Fundament, ohne das Teresa James' markante Stimme nicht funktionieren könnte. Eine perfekte Symbiose.

Genauso wie die musikalische Auswahl bei der 12. Osnabrücker Blueslawine. Den Machern vom Verein Bluesverstärker war es erneut gelungen, mit den drei Bands ein hochklassiges und abwechslungsreiches Programm auf die Beine zu stellen. Das Festival untermauerte auch in seiner zwölften Auflage Osnabrücks Anspruch auf den Titel "Blueshauptstadt Deutschlands".

BluesNews 46, Juli 2006. Von Ralf Baur